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Reiseversicherung

Trauer über den Tod des Ehepartners ein Grund für den Reiserücktritt im Sinne der AVB?

Das Amtsgericht München hat mit Urteil vom 20.08.2015 – Az. 233 C 26770/14 – entschieden, dass eine akute Belastungsreaktion aufgrund der Trauer um den verstorbenen Partner in der Regel keine unerwartet schwere Erkrankung im Sinn der Reiserücktrittsbedingungen darstellt. Ein Anspruch auf Erstattung der Stornierungskosten besteht nicht.

Was war passiert?

Am 30.04.2014 beantragte die VN beim VR den Abschluss einer Reiserücktrittsversicherung. In der Nacht des Antrages starb völlig überraschend der Ehemann der VN. Die Versicherung nahm den Antrag der Klägerin am 07.05.2014 an, wobei sie nicht wusste, dass der Ehemann verstorben war. Die VN stornierte die Reise am 20.05.2014, begehrte von dem VR die Erstattung der Stornokosten und führte zur Begründung aus, dass sie infolge des Todes ihres Gatten an einer schweren psychosozialen Belastungsstörung gelitten habe, wodurch der Reiseantritt unmöglich gewesen sei. Der VR verweigerte die Übernahme der Stornokosten.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Amtsgericht hat die Klage der VN abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass die Trauer der VN keine unerwartet schwere Erkrankung im Sinne der Reiserücktrittsbedingungen sei. Die Bedingungen erforderten vielmehr eine psychische Störung im Sinne eines regelwidrigen Zustandes. Die Trauer sei jedoch eine „normale Rekation“ auf den Tod eines geliebten Menschen. Auch eine, wie von der VN beklagte, Belastungsreaktion, sei mit dem Tod eines nahen Angehörigen unvermeidlich verbunden und nicht regelwidrig.

Kontext der Entscheidung

Festzuhalten bleibt, dass psychische Reaktionen, so tragisch das diesen zu Grunde liegende Ereignis auch sein mag, nur dann unter den Begriff der „unerwartet schweren Erkrankung“ fallen (können), wenn die Regelwidrigkeit des entsprechenden Zustandes festgestellt werden kann. Insoweit ist eine Betrachtung des Einzelfalls angezeigt. Erforderlich für die Bejahung eines regelwidrigen Zustandes ist zumindest eine Behandlungserforderlichkeit und/oder eine Arbeitsunfähigheit. Im konkreten Fall wäre eine Regelwidrigkeit erwägenswert gewesen, wenn bei der VN beispielsweise eine psychische Fehlverarbeitung vorgelegen hätte, welche das „normale Maß der Trauer“ deutlich überschreitet.

 

Hauke Flamming LL.M.

Hauke Flamming ist Fachanwalt für Verkehrsrecht und Versicherungsrecht und Partner der Boutique für Versicherungs- und Haftpflichtrecht Steinbeck und Partner.